Ein heißes Eisen anfassen
Jeder kennt diese Redensart und hat sie vielleicht sogar schon selbst verwendet. Was aber bedeutet diese Redewendung und woher kommt das? Sie meint: ein heikles, kontroverses Thema ansprechen oder eine unangenehme, gefährliche Tätigkeit auf sich nehmen. Sie greift ein Bild auf von den mittelalterlichen Gottesurteilen, bei denen die Beschuldigten ihre Unschuld beweisen konnten, wenn sie diese Folter überstehen konnten.
Kunigunde und die glühenden Pflugscharen
Kunigunde von Luxemburg lebte von 975 bis 1040 n Chr. Sie war die jungfräuliche Gemahlin von Kaiser Heinrich II. Die Ehe blieb kinderlos. Eines Tages beschuldigte man sie des Ehebruchs. Kundigunde bot an, sich einem Gottesurteil zu unterwerfen. Vor einer großen Volksmenge ging sie barfuß über glühende Pflugscharen, blieb aber unverletzt.

Pflugschar
Für stark beanspruchte Teile des Pfluges setzte sich die Verwendung von Eisen allgemein durch. Mit Sech und Schar konnte der Boden nicht mehr nur aufgerissen, sondern tiefer umgegraben, gründlicher gelockert und gewendet werden.
Die Bezeichnungen Schere und Schar haben sich aus dem althochdeutschen Wort scara gebildet. Sie sind abgeleitet von scheren und schneiden und das erklärt den Begriff „Pflugschar“ sehr einfach: die oder das Pflugschar (w./ auch s.) schneidet ins Erdreich.
Eiserne Scharen oder Pflugeisen sind in zahlreichen Varianten mit breiter und schmaler dreieckiger Grundform erhalten. Die umgebogenen Schaftlappen bilden eine offene Tülle. Schare sind als Einzelfunde oder aus Horten und Siedlungen erhalten. Seltener sind Pflug- und Hakenmesser (Sech) überliefert, die als Vorschneider dienten. Immer wieder finden sich derart gebräuchliche Arbeitsgeräte und Werkzeuge neben Schmuck und Waffen auch als Grabbeigaben.
Die Pflugschar aus dem Grubenhaus
Die vorliegende, sehr gut erhaltene Pflugschar wurde in Meitingen im Grubenhaus einer größeren frühmittelalterlichen Siedlung im Rahmen einer Ausgrabung des Arbeitskreises geborgen. Sie hat eine nur leicht asymmetrische Form. Sie ist relativ klein, die Schaftlappen sind jedoch verhältnismäßig lang. Über diese Form lässt sich die Schar in die Spätantike bzw. das Frühmittelalter (5. bis 8. Jahrhundert n. Chr.) datieren.
Die Entwicklung des Pfluges
Furchenstöcke und Haken, die den Boden aufschürfen, stehen am Beginn der Entwicklung des Pfluges. Als „Aufreißer“ bezeichnet der Pflug seit dem Neolithikum alle Bodenbearbeitungsgeräte zur Korneinsaat vom einfachen Haken bis zum vielteiligen Beet- oder Räderpflug.
In römischer Zeit wurde die intensive Bodennutzung durch die Weiterentwicklung von hochwertigen landwirtschaftlichen Gerätschaften gefördert. Bereits im 1.Jahrhundert v. Chr. ist ein Pflug mit eisernem Messersech, spatenförmiger Schar und Streichbrett belegt. Plinius berichtet von einem Pflug mit zwei kleinen Rädern, den man „plaumoratum“ nannte. Diese Bezeichnung geht vermutlich auf „ploum Raeti“ zurück, was soviel wie „rätischer Pflug“ bedeutet.
Pflugschare in Wappen
Die Pflugschar ist eine gemeine Figur in der Heraldik und wird in unterschiedlicher Anzahl (meist 1-3) und verschiedenen Positionen im Wappen dargestellt. Die häufige Verwendung in Wappen zeugt von der Bedeutung der Landwirtschaft im Alltag der Menschen.
Ein alter Aberglaube basierte darauf, eine Pflugschar könne bösen Zauber abwehren. Im Frühjahr wurden Feld- und Gemarkungsgrenzen mit dem Pflug abgefahren, um böse Geister abzuhalten. Die Stadt Erding zeigt in ihrem markanten Wappen eine blaue Pflugschar auf weißem Grund.
Literatur:
Janine Fries, Vor- und frühgeschichtliche Agrartechnik auf den Britischen Inseln und dem Kontinent. Eine vergleichende Studie. Internat. Arch. 26. Diss. München 1995
Janine Fries-Knoblach, Keltische und römische Pflüge im bayerischen Raetien, Sonderdruck aus Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben, Band 90, Augsburg 1997.
Wolfgang Czysz, Die ländliche Güterproduktion in: Die Römer in Schwaben, Arbeitsheft 27 des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Jubiläumsausstellung 200 Jahre Augsburg, Augsburg 1985, 175
Gottesurteil Kunigunde im Altarbild der Kirch im ehem. Kloster Niederaltaich, Bildautor: Ludwig Husty
Joachim Schäfer, Ökumenisches Heiligenlexikon https://www.heiligenlexikon.de
Duden Band 7 Etymologie Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim 1963,
Lexikon des Mittelalters, Oktober 2002